„Unterschiede der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegekraft, des Studiums der Medizin und der Ausbildung zum Notfallsanitäter*in mit Blick auf die Kommunikation in Notfallsituationen.“
In meinem Praktikum in der Notaufnahme habe ich viele verschiedene Situationen erleben können und in diese auch einen Blick werfen können.
Als Person aus dem Rettungsdienst in einer Ausbildung zur Notfallsanitäterin, konnte ich viele Situationen aus einem anderen Blickwinkel betrachten als zum Beispiel die Pflegekräfte oder die Ärzte.
Besonders eine Situation ist mir im Kopf geblieben. Es kam ein 1948 geborener, männlicher Patient fußläufig in die Notaufnahme. Auf den ersten Blick konnte man eine deutliche Zyanose erkennen. Nachdem wir den Patienten entkleidet hatten, konnten wir sehen, dass der Patient zentralisiert und marmoriert war. Nachdem wir ihn an unseren Monitor geschlossen hatten, konnten wir eine Herzfrequenz von 220 Schläge die Minute sehen.
Allen im Raum war klar, dass wir hier einen kritischen Patienten vor uns hatten, jedoch hat es niemand wirklich ausgesprochen.
Zu diesem Zeitpunkt waren insgesamt sechs Ärzte, zwei Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und drei Praktikant*innen in diesem Raum.
Vier von den Ärzten standen am Patienten und haben alle durcheinander gesprochen, die Gesundheits- und Krankenpflegerinnen haben versucht den Ärzten zuzuarbeiten und wir Praktikanten standen möglichst am Rand, um niemandem im Weg zu stehen. So hatte ich einen besonderen Blick von außen auf die ganze Situation.
Einer der Praktikanten wurde zwischenzeitlich von einem der Ärzte auf die Intensivstation geschickt, um dort Midazolam und Etomidate zu besorgen, obwohl diese Medikamente auch in der INA vorrätig sind.
Nachdem diese gegeben wurden, wurde der Patient kardiovertiert.
Eine Ärztin forderte „Anexate“ von einer der Pflegerinnen, die nicht wusste, was diese sind. Nachdem die Pflegerin mehrfach nachgefragt hatte und die Ärztin trotzdem keinen anderen Namen genannt hatte, sondern nur noch patzig geantwortet hatte, schaltete sich eine andere Ärztin ein und nannte den Medikamentennamen „Flumazenil“.
Auch die Verlegung auf die Intensivstation lief alles andere als koordiniert. Es wurde nicht klar kommuniziert, ob eine Pflegerin noch mitkommen soll oder ob vier Ärzte für den Transport reichen.
Nachdem die Pflegerin den Patienten dann doch noch mit verlegt hatte und wieder zurück in die INA kam, wurde eine Teambesprechung von zwei Ärztinnen einberufen, die in der Situation etwas außerhalb waren, um den Ablauf der Patientenbehandlung in der Notaufnahme zu besprechen und den Pflegerinnen eine Rückmeldung zu geben.
Nachdem ich mir die ganze Situation mehrfach durch den Kopf hab gehen lassen, habe ich mir folgende Fragen gestellt:
- Spielt Kommunikation in der Ausbildung zum/zur Kranken- und Gesundheitspfleger*in und im Medizinstudium eine so große Rolle wie in unserer Notfallsanitäterausbildung?
- Wird Krankenhauspersonal ausreichend geschult, um in solchen Situationen noch adäquat handeln zu können?
Beim Blick in den Lehrplan der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung in Rheinlandpfalz fällt auf, dass während der Ausbildung schon über Kommunikation gesprochen wird, aber eher über Kommunikation mit dem Patienten oder den Angehörigen. Auch „Konflikte und Konfliktmanagement im Team“ wird angesprochen. Jedoch nicht, wie man in Ausnahmesituationen oder besonderen Stresssituationen richtig kommuniziert und agiert.
Wenn man in das Curriculum des Medizinstudiums schaut, findet man unter dem Erwerb von Sozial- und Selbstkompetenz den Punkt „Kommunikation und Teamfähigkeit“. Jedoch geht es auch in diesem Kommunikationscurriculum vermehrt um die die Kommunikation im Arzt-Patienten-Kontakt und nicht um die Kommunikation im Arzt-Pfleger-Kontakt oder Arzt-Arzt-Kontakt. Dies soll wohl eher im Praktischen Jahr erlernt werden.
Es ist also fraglich, ob die Kommunikation im Team überhaupt funktionieren kann, wenn dies überhaupt nicht richtig gelehrt wird. Und ob solche besonderen Notfallsituationen innerklinisch regelmäßig geübt und verbessert werden, ist dem Krankenhaus selbst überlassen.
Der Vortrag wird noch einmal genauere Ausschnitte aus den Lehrplänen und Curricula der Ausbildungen und Studiengänge aufzeigen. Außerdem werden mögliche Lösungsansätze entwickelt und vorgestellt.
Quellen
Josip Juraj Strossmayer Universität in Osijek, medizinische Fakultät Osijek (2019): Studium Humanmedizin Curriculum. Osijek.
TUM (2011/2012): Curriculum und Lehrmethoden. München.
Sächsiches Staatsministerium für Kultus (2020): Lehrplan Berufsfachschule Pflegefachfrau/Pflegefachmann. Dresden.
Schewior-Popp (2005): Rahmenlehrplan und Ausbildungsrahmenplan für die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege des Landes Rheinland-Pfalz. Mainz.Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (2016): Rahmenlehrplan Ausbildung zum Notfallsanitäter/zur Notfallsanitäterin in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf.